Der Himmel ist blau. Die Sonne scheint. Ich fahre ans Meer.
Kurz hatte ich erwogen noch mal nach Ljubljana Stadt zu fahren. Zu schön war es dort. Und obwohl wir viel gelaufen und gestromert sind, gäbe es noch so vieles zu schauen. Es fällt mir immer wieder schwer, mich von den schönen Orten und Landschaften, wo wir uns wohlgefühlt haben, zu lösen. Aber das ist das Gesetz des Reisens: immer wieder loslassen und zurücklassen und immer wieder aufbrechen und offen bleiben für Neues. Eine Lektion fürs Leben.
Ich spüre tief in mir die Sehnsucht nach dem Meer. Also geht es weiter. Missy hat dieses Mal gar keine Lust auf Weiterfahrt und wehrt sich sehr, als sie in den Transportkorb muß. Dabei hat ihr der Stellplatz der letzten Tag gar nicht gefallen. Die Wohnmobile standen für ihren Geschmack viel zu eng. Zu unruhig auf dem Platz. Sie hat das Wohnmobil gar nicht verlassen dieses Mal. Ich erzähle ihr vom Meer, dem Geruch des Südens und daß ich ganz bestimmt einen guten Platz für uns finde. Naja, nach zwei tiefen Kratzern auf meinem Handrücken und einigem empörten Gefauche, bequemte Madame sich dann doch mal das entzückende Pfötchen in den Transportkorb zu bewegen.
Die Fahrt von Ljubljana an die Küste zeigt mir ein wunderbares Landesinnere. Berge, kleine Dörfer, sehr, sehr viel Wald. Indian Summer überall. Schon wieder schleicht sich der Gedanke ein: wenn ich unterwegs für ein oder zwei Tage bleibe? Verlockender Gedanke, aber das Meer ruft mich.
Angekommen in Portoroz – auf den letzten Kilometern schon verzückt von der südländischen Vegetation und Architektur – wollte ich eigentlich auf den Campingplatz, obwohl der äußerst schlechte Bewertungen im Internet hat, alt und total verschattet ist. Im letzten Moment, kurz vor der Einfahrt zum Campingplatz, sehe ich ein Schild Wohnmobilstellplatz, das mich geradewegs durch eine Schranke in den geschlossenen Bereich des Yachthafens führt. Und tatsächlich, ganz am Ende des Hafens, auf einer kleinen Insel, die man über eine Brücke befahren kann, befindet sich der Wohnmobilstellplatz direkt am Meer. Und – juppijuppijeah – es ist noch ein Stellplatz in erster Reihe direkt am Wasser frei. Genau passend für meinen kleinen Balthasar.
Der Stellplatz ist völlig überteuert mit 25 € zzgl. Kurtaxe – es gibt zwar Strom, Wasser und Abwasserentsorgung, aber keine Sanitäreinrichtungen. Aber diese Aussicht. Einfach toll.
Schnell das Stühlchen ausgepackt und die Nachmittagssonne genossen.
Ich spüre den Süden und das Meer mit allen Sinnen. Seitdem die Tiere bei mir leben und ich deswegen keine Flugreisen mehr unternehme, war ich nicht mehr am südlichen Meer. Das ist eben doch was anderes als die holländische Nordsee, die ich auch sehr mag. Aber es riecht mediterran, die Sonne auf der Haut fühlt sich so an, die bunten Häuser, die sich hinter den Hotels an der Promenade den Berg hinauf verteilen, sehen südlich aus. Das Meer, das Wellenrauschen, die Boote, das Stimmengewirr, die Möwen.
Ich bin so glücklich und dankbar, daß Balthasar mir ermöglicht, mit den Tieren hierher zu reisen. Und zum vollkommenen Glück gibt’s noch einen traumhaften Sonnenuntergang am Meer. Schon cool, was das Universum manchmal so zaubert.
Beim Abendspaziergang in Portoroz treffe ich auf eine lebhafte Touristenstadt mit vielen teuren Hotelkomplexen, mal als stilvolles Grand Hotel, meist als häßliche Hochhausblöcke, mondänen Geschäften, vielen, vielen Kneipen und Restaurants, einem Kindertivoli mit diversen Karoussells, Casino und Diskotheken. Ca. 2/3 der Kneipen an der Promenade hat geschlossen. Trotzdem ist es sehr lebhaft und laut. Laute Musik mischt sich mit Geläut der Kinderbimmelbahn und lautstarker Reklame von einer riesigen Videoleinwand. Hmmm, gewöhnungsbedürftig für mich. Es sind sehr viele Touristen unterwegs. Auch mit Kindern. Viele Italiener. Vielleicht sind über Allerheiligen Ferien in Italien und Slowenien? Das würde auch den hohen Preis für den Stellplatz erklären. Dann wäre ja quasi wieder Saison. Jedenfalls kann ich mir lebhaft vorstellen, wie es hier in der Sommerhochsaison zugeht.
Wie gut, daß der Stellplatz auf der abgeschlossenen Insel ist. Abends sitzen Missy, Finley und ich noch lange einträchtig draußen vorm Wohnmobil, gucken Lichter, lauschen Meeresrauschen (und der Musik von der Promenade, die bis hierher herüberschallt) und genießen das Gefühl, daß es endlich auch nach Sonnenuntergang noch warm genug ist, zum Draußensitzen.