Malerischer Verfall, viel Kultur und tolle Supermärkte.
Lagoa hat eine gute Energie.
Im Zentrum der Kreisstadt verfallen auch viele, viele Gebäude. Aber irgendwie malerischer und morbider als anderswo. Da wachsen Bäume aus den Fenstern und ein verrammelter Hauseingang wird als Minigemüsegärtchen genutzt.
Lagoa hat tolle alte Gebäude. Diejenigen mit geschichtlicher Bedeutung sind restauriert und darin sind zumeist öffentliche Einrichtungen wie Bibliothek, Kulturzentren etc. untergebracht. So kommt das Provinzstädtchen zu einer stattlichen Anzahl von Kultureinrichtungen. Aus meiner Sicht ein absolut richtiger Weg zum Erhalt.
Auch das Kloster, ehemals von Karmeliterinnen als Zuflucht für ledige Mütter und Waisen betrieben – inkl. einer Drehtür, die als anonyme Babyklappe fungierte – ist heute gut restauriert und wird als Museum sowie für Konzerte und Ausstellungen genutzt.
Auf einem gut ausgeschilderten Stadtrundgang sind Brigitte und ich unterwegs. Vorbei an all den abgesperrten baufälligen alten Türen.
Uns gefällt vor allem der rote Straßenbelag mit den lustigen Punkten und Kringeln. Das hebt die Energie ungemein, stimmt bei jedem Schritt fröhlich und gleichzeitig ordnet es den Verkehr als shared space, also als von allen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt gemeinsam zu nutzende Fläche. Am Sonntag ist es vollkommen leer hier, aber wochentags ist die Kreisstadt ganz schön belebt. Da ist so ein Konzept durchaus mutig.
Am Ende unseres Rundgangs fehlt uns genau ein Gebäude, das ich noch unbedingt ansehen möchte. „Pink Palace“ klingt aber auch zu verlockend. Komisch, daß die Einwohner das nicht kennen. Gerade als wir aufgeben wollen, weil es gleich wieder anfangen wird zu regnen, sehen wir es direkt vor Balthasars Parkplatz. Hmmm, hätten wir also auch am Beginn des Rundgangs bereits bemerken können. Wir sind wohl genauso betriebsblind wie die Einwohner… Aber was uns nicht entgeht, ist das Schild „Rua Joao de Deus“. Es gibt einen großen Heiler in Brasilien dieses Namens.
Lagoa ist auch ein Zentrum des portugiesischen Weinanbaus und Weinhandels.
Auf dem Gelände der Weinkooperative findet sich das absolute kulturelle Highlight der Stadt und der Region.
Die sehr engagierte Kunstgalerie „Lady in Red“. Hervorragende Ausstellung in einem sehr speziellen Interieur.
Am Sonntag geschlossen. Aber dafür lohnt es sich absolut, ein weiteres Mal zu kommen.
Auch wenn klar ist, daß man kein Kaufinteressent ist, ist man herzlich willkommen. Wir sind die einzigen Besucher und extra für uns wird stimmungsvolle Swingmusik angeschaltet, die wunderbar durch die alten Hallen schwingt. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.
In der Galerie finden auch immer wieder Lesungen, Theater, Konzerte statt. Ein würdiger Nachfolger des geschlossenen Kulturzentrums in Almancil.
Wir sind echt froh, daß wir extra noch mal nach Lagoa zurückgefahren sind, um die Galerie anzusehen. Ein Besuch lohnt sich absolut. Man taucht in eine ganz eigene Welt ein.
Die von der Galerie vertretenen Künstler arbeiten mit ganz unterschiedlichen Techniken.
Die Preise bewegen sich meist zwischen 1.000 und 5.000 €.
Mir haben besonders gut die abstrakten Stadtansichten von Claudia van der Kolk gefallen.
Am Stadtrand von Lagoa kann man in eine weitere – aber eher provane -Welt eintauchen.
Das Provinzstädtchen mit seinen nur knapp 7.000 Einwohnern ist nämlich von einer erstaunlichen Anzahl großer Supermärkte umringt: ALDI, Jumbo, Intermarché, Pingo doce… Und dann noch Apolonia, der auf den Geschmack der Zugereisten spezialisiert ist und neben regionalen auch hochpreisige deutsche, englische und französische Produkte anbietet. Da kostet dann ein kleines Fläschchen 50 Jahre alten Essigs auch schon mal knapp 300 €.
Brigitte und ich laufen mit beinahe der gleichen Freude durch den Supermarkt wie durch die Galerie.
So ein Supermarktregal hat doch was, oder?
Und Verpackungen können auch kunstvoll sein.
Fehlt nur noch Warhols Suppendose…