Entlang der Levada bei Silves

Superabwechslungsreiche Wanderung am Rio Arade und Rio Odelouca bei Silves. Und immer ein Fleck blauer Himmel über uns.

Heute wird gewandert.

Ich hab uns einen schönen Wanderweg in der Nähe von Silves rausgesucht, der uns – Finley zuliebe ohne größere Steigungen – um den kleinen Berg Cerro do Atalaia herumführt.

Aber erst mal den Ausgangspunkt finden. Von Silves fahre ich auf gut Glück südwestlich. Brigitte sieht die Schilder „Campismo“ und „Falocho“ zuerst. Wo ging es denn da von der Straße ab? Da sollten doch eine Brücke und ein Parkplatz sein?Hmmm, sind wir zu weit gefahren? Die nächste Wendemöglichkeit ist ein Restaurantparkplatz. Draußen sitzen ein paar Männer.  Ich frag mal schnell nach dem Weg. Achselzucken und Gestikulieren Richtung Restaurantinneres. Aha, da sitzt ein einzelner Gast, dem offensichtlich die Kompetenz einer Antwort zugetraut wird. Und tatsächlich, wie Zufall oder Vorsehung es wollen, ist er der richtige Ansprechpartner. Er kennt die Wanderstrecke genau und versorgt uns mit jeder Menge Infos. Einschließlich des Hinweises, daß das Café Ingles in Silves zu empfehlen ist. Wir werden diesen Hinweis noch zu schätzen wissen…

Versorgt mit allen Infos, finden wir Brücke und Ausgangspunkt ganz leicht. Dann kann es ja los gehen.

Der Weg führt uns zunächst durch Orangen- und Zitronenhaine. Eine Geruchsexplosion! Wir können uns nicht sattriechen. Alle 2 Meter strecken wir die Nase aus zu den duftenden Blüten.

Die Zitronenblüten sind fantastisch. Aber die Orangenblüten toppen alles. Eine Geruchsorgie!

Während wir von Baum zu Baum und Blüte zu Blüte laufen, folgen uns die freilaufenden Hunde der umliegenden Gehöfte. Bellend versuchen sie uns zu beeindrucken und sind sichtlich enttäuscht, daß die zwei fremden Frauen sie nicht beachten, sondern nur verzückt ihre Nasen in die Orangenblüten stecken. Und Finley, der geht sowieso entspannt seines Wegs. Manno, das ist ja schon fast demütigend für so einen richtigen Haus- und Hofhund!

Am Campingplatz vorbei machen wir noch einen kleinen Abstecher hinunter zum Bootsclub am Fluß. Der schönen Aussicht wegen und damit Finley noch mal trinken und sich abkühlen kann.

Danach folgen wir einige Kilometer dem schmalen Weg entlang der Levada.

Levadas sind künstlich angelegte Bewässerungskanäle an denen meist ein Pfad entlang führt. Bekannt sind die Levadawanderungen vor allem von Madeira.

Dieser Weg stellt uns vor unerwartete Probleme. Links die tiefe betonierte Entwässerungsrinne, rechts die Felsen. Finley neigt seit seinem Schlaganfall im letzten Jahr dazu, Hindernissen rechts von ihm auszuweichen und aufgrund seines Kopfschiefstands kann er in dem Moment eine Vertiefung im Boden links von ihm nicht wahrnehmen. Kurz, er droht immer wieder in die Levada zu fallen, weil er zu weit nach links ausweicht. Dazu noch das Geröll auf dem Weg, bei dem er ins Rutschen gerät. Ich muß ihn ganz kurz nehmen und rechts von mir bei Fuß führen, während ich den Bereich der Levada links von mir absichere. Da komme auch ich das ein oder andere Mal dem Rand der Levada gefährlich nah. Es ist aber auch verdammt eng an einigen Stellen. Ich muß mich so auf Finley und den Weg konzentrieren, daß wenig Gelegenheit besteht, die an sich herrliche Aussicht auf den Fluß zu genießen.

Alte Johannisbrotbäume werden von uns trotzdem geachtet und gewürdigt. Auch so ein Geruchsflash, die Schoten dieses Baumes. Duftet ganz intensiv nach Schokolade. Hmmmm….

Ich bin jedenfalls heilfroh, als sich eine Möglichkeit bietet, die Levada zu verlassen. Aber ist das wirklich eine Straße? Sieht aus als sei das nur die Zufahrt zu einem Bauernhof. Die Tiere des Hofes sind zumindest nicht erfreut über unser Kommen. Während die Hunde versuchen, uns mit furchterregendem Gebell zu vertreiben, suchen Hahn und Schafe empört das Weite.

Hier soll laut Wegbeschreibung als nächstes eine Autowerkstatt kommen. In dieser Einöde?

Naja, die Bezeichnung Autowerkstatt ist vielleicht etwas geschmeichelt.

Kaum haben wir den Streß mit der Levada hinter uns gelassen, droht neues Ungemach. Dicke, schwarze Gewitterwolken ziehen auf. Es wird doch nicht regnen oder gar ein Unwetter drohen? Besorgt blicken wir zum Horizont. Aber direkt über uns wandert immer ein Fleck blauer Himmel mit uns.

Kurz vor dem winzigen Dorf Ilheu do Rosario bietet sich uns ein toller Ausblick auf den Zusammenfluß von Rio Arade und Rio Odelouca.

Die Landschaft ist ungeheuer schön. Der Fluß, das Dörfchen mit seinen wenigen Häusern auf dem Hügel und dahinter die Berge der Serra da Monchique.

Jetzt geht’s hinab und gleich darauf wieder schräg rechts den Weg hinauf ins Dörfchen Vale da Lama, das ebenfalls nur aus einer Handvoll Häuschen besteht.

Unterwegs sehen wir alte Zisternen und den Steinbackofen der Dorfgemeinschaft, der offenbar noch genutzt wird.

Das Wetter hält. Unser blauer Fleck bleibt uns treu.

Vorbei an Kuhweiden und Korkeichen gelangen wir bei dem goldenen Licht des frühen Abends zurück zu Balthasar.

So eine Wanderung macht hungrig. Ehrlich gesagt steht uns jetzt zunächst nicht der Sinn nach Stadtbesichtigung von Silves. Die Störche auf den Dächern nehmen wir im Halbdunkel noch staunend wahr,…

… aber ansonsten halten wir nur nach Restaurants Ausschau. Das „Rui“ sieht vielversprechend aus, aber die Schlange derer, die dort auf einen Tisch warten, ist lang. Auch alle anderen in Frage kommenden Restaurants sind proppevoll. Wir haben Hunger und beschließen nicht zu warten. Die Formulierung „Im Restaurant Casa Velha finden Sie sicher einen Tisch“, hätte uns zu denken geben sollen. Und Brigitte sagt noch: „Normalerweise würde ich nirgendwo essen, wo die Speisekarte für jedes Gericht ein Foto hat…“ Recht hat sie. Als der erste Hunger gestillt ist, bleibt der Rest stehen. Man muß das nicht aufessen…

Aber immerhin können wir uns jetzt der Stadtbesichtigung widmen.

Silves am Abend ist auch schön. Kathedrale, Festung, viele Reminiszenzen an die maurische Kultur.

Apropos Kultur – da klingt doch Musik durch die Gassen, oder? Wo kommt das her? Hmmm, Café Ingles, davon haben wir doch schon gehört. Genau richtig für den Kaffee und das Dessert nach dem Essen, auf das wir im Casa Velha verzichtet haben.

Das Café Ingles ist wirklich entzückend eingerichtet. Es gibt tolle Kuchen, einen hervorragenden, sehr freundlichen Service und heute abend ein Konzert einer Sängerin mit Gitarrenbegleitung, die Fado und Rockmusik verbindet.

Das ist doch mal ein stimmungsvoller Ausklang eines schönen Wandertages.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Gedanke zu „Entlang der Levada bei Silves“

  1. Liebe Eva, ich freue mich jedes Mal auf deine interessanten und humorvollen Tagesberichte – ergänzt durch die schönen Fotos. Du hast auch ein gutes Auge für Details.
    Es freut mich, dass es dir, deiner Freundin Brigitte und den Tieren gutgeht.
    Mein Mann und ich starten morgen zu einer geführten Rundreise auf dem Balkan: Beginn in Tirana und Abschluss in Dubrovnik.
    Weiterhin gute Fahrt und einen herzlichen Gruß vom Niederrhein.
    Gabriele

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