Juan-les-Pins und Antibes

„Where do you go to my lovely…“

„When you go on your summer vacation, you go to Juan-les-Pins with your carefully designed topless swimsuit…“

Ich mag das Lied schon immer. Es hat so eine wunderbare Melancholie. Ich wußte nicht, daß Juan-les-Pins gleich neben Cannes liegt. So nah. Das schau ich mir mal an.

Auf der Fahrt sehe ich aus den Augenwinkeln oberhalb der Straße am Hang traumhafte Villen und Anwesen, die zu Recht den Namen Palais tragen. Leider kann ich auf der Durchgangsstraße nicht halten, so daß nichts als ein flüchtiger Blick auf diese nobel exclusive Welt bleibt. Aber das paßt ja auch ganz gut dazu.

Juan-les-Pins ist im Sommer sicher schön. Mondän wirkt es jedoch nicht gerade.

Wahrscheinlich haben sich die Zeiten geändert und es ist heute kein Synonym für Jetset-Leben mehr. Obwohl es sehr viele – jetzt geschlossene – Restaurants, Casinos, Nachtclubs gibt. Das Wetter tut sein übriges, um es eher trist und öd erscheinen zu lassen, trotz der palmengesäumten Straßen.

Natürlich gibt es einen Strand. Das gehört sich ja so für einen Badeort an der Riviera. Ach, irgendwie hat Juan-les-Pins doch etwas Melancholisches. Wenn es wettermäßig auch gerade nicht topless-swimsuit-geeignet ist, sondern winterjackenkalt.

Während Juan-les-Pins meine Erwartungen nicht erfüllen kann, habe ich an Antibes gar keine. Es liegt nur eine halbe Stunde Fußweg entfernt. Also warum nicht mal rüber laufen auf die andere Seite der Landzunge? Gute Entscheidung. Antibes finde ich prima.

Schöne Innenstadt. Hübsche abwechslungsreiche Geschäftsstraßen mit netter Gastronomie.

Was für eine wundervolle Auswahl es in Frankreich gibt.

Ich verfalle einem dunklen Schokoladenaufstrich mit Ingwer. Soooo cremig, soooo lecker… Der fährt ab jetzt im Womo mit.

Im Laden nebenan ein bißchen Lavendel schnuppern. Ich rieche den so gern und in der Natur blüht der Lavendel zur Zeit noch nicht. Obwohl ich ihn schon gelegentlich hab kommen sehen. Es dauert wohl nicht mehr lang.

Die seeeeehr französischen Pantoffeln amüsieren mich sehr, wandern aber – ohh, nein, doch, ohh, ahh, nein, mhh – nicht in meine Einkaufstüte.

Auf meinem Streifzug durch die Stadt begegnen mir positive Einrichtungen. Wie z.B. der unentgeltliche kleine kommunale Bus, der in der Innenstadt verkehrt. Kostenloser Nahverkehr. Ich finde das sehr gut.

Aber auch einiges, was mich nachdenklich und traurig stimmt. Mir ist schon in anderen Städten aufgefallen, daß Schulen in Frankreich oft besonders gesichert sind. Von hohen Zäunen umgeben mit Sichtschutz und verschlossenen Toren. Niemand hat außerhalb bestimmter Ankunfts- und Abholzeiten Zugang zum Schulgelände. Die Eltern warten in der Straße, wann sich die Tore für ihre Sprößlinge öffnen. Und auch für Zuspätkommer bleiben die Türen verschlossen. Ein Hineinschlüpfen nach Unterrichtsbeginn ist ausgeschlossen. Der Grund: Vorbeugung vor Attentaten.

Finley und ich lassen uns durch die Stadt treiben Richtung Meer. Antibes ist eine der ältesten Städte an der Cote d’Azur. Sie entstand um 340 v. Chr. als Antipolis.

Durch die engen Gassen der Altstadt…

…zur Cathedrale Note Dame de la Platea und dem Picassomuseum im alten Chateau.

Der Blick über die Steilküste und den Hafen ist fantastisch. Hinter dem Hafen ist die Festung Fort Carre zu sehen.

Ich entdecke schon wieder neue exotische Pflanzen. Es ist eine Freude, die leuchtenden Farben vorm Meer zu betrachten.

Über die Stadtmauer umrunden wir die Altstadt und machen uns zufrieden auf den Rückweg nach Juan-les-Pins, wo die süßeste Katze in Balthasar auf uns wartet.

Am Campingplatz hatte ich bereits morgens ausgecheckt. Wir fahren abends die Küstenstraße entlang Richtung Westen. Hui, das ist anstrengend im Dunkeln. Serpentinen. Kurven. Warnschilder. Die Ausläufer des Esterelgebirges. Ich komme nicht so weit wie ich eigentlich wollte. Nach dem langen Tag in Antibes läßt die Konzentration nach. Das bergauf und bergab Fahren an der kurvigen Küstenstraße ist mir zu anstrengend. Aber ich sehe auch keine Parkplätze. Die Bebauung an der felsigen Küste läßt kaum größere Plätze zu und auf einem schmalen Aussichtsplatz über dem Meer außerhalb von Wohnbebauung mag ich nicht übernachten.

In Agay finde ich endlich einen Parkplatz vor der Mairie und Poste. Der scheint mir geeignet.  Aber kaum liege ich gemütlich und bin gerade eingeschlummert, höre ich hysterisches Geschrei aus dem Fenster gegenüber. Vorsichtig linse ich durchs Faltrollo. Tatsächlich, die Frau scheint mich anzuschreien und weit aus dem Fenster gelehnt zu beschimpfen. Das ist dann wohl doch nicht der ideale Schlafplatz. Normalerweise würde ich freundlich hingehen und fragen, was los ist und versuchen eine verständnisvolle Atmosphäre zu schaffen. Aber einerseits bin ich zu müde und k.o. Andererseits sagt mir mein Gefühl, daß ich bei dieser Frau nicht erfolgreich wäre. Sie wird persönliche Gründe haben, die sie dazu treiben, nachts mit Flasche und Fluppe aggressiv herumzuschreien. Ich entscheide mich für Rückzug und finde dank der fleißig im Internet geteilten Freistehtipps einige Seitenstraßen weiter einen ruhigen Parkstreifen, auf dem Wohnmobile zugelassen sind. Eigentlich kann ich der Dame also dankbar sein, daß sie mich so unhöflich vertrieben hat und ich dadurch einen offiziell erlaubten Stellplatz gefunden habe.

Na denn, guts Nächtle…

 

 

 

 

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