Elegante Stadt des weißen Marmors.
Der erste Blick auf Estremoz auf dem Hügel oberhalb der Weinberge ist toll.
Estremoz besteht aus alter Oberstadt und sehr weiträumiger, eleganter neuerer Unterstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten, Baudenkmälern, Kirchen, Brunnen.
Diese Weite und Großzügigkeit des Stadtzentrums unterscheidet Estremoz von den anderen Städten, die ich im Alentejo bisher gesehen habe.
Mitten in der Stadt auf dem riesigen zentralen Parkplatz, der auch Marktplatz ist, dürfen Wohnmobile stehen. Übernachten ist geduldet, solange man kein Campingverhalten zeigt und sich nicht von anderen, rein parkenden Fahrzeugen unterscheidet. Ca. 10 Wohnmobile stehen schon da, als wir ankommen.
Das ist zwar kein ruhiger, idyllischer Stellplatz in der Natur, aber ideales Stadtflair. Missy lasse ich hier nicht raus. Morgen suche ich ihr wieder einen kleinen Rumstromerplatz. Aber sie findet es hier offenbar auch ganz spannend und anregend, alles vom Fenster aus zu beobachten. Ich bin immer wieder begeistert, wie sie mit all den wechselnden Standorten und Situationen zurechtkommt.
Estremoz ist umgeben von Marmorsteinbrüchen. Die ganze Staft scheint aus diesem edlen Material gefertigt zu sein. Hier lohnt sich auch der Blick nach unten. Finley und ich gehen Gassi auf detailreichen Marmormosaiken.
Wir promenieren über traditionelle Abbildungen. Volkstümliche Figuren, für die Estremoz bekannt ist. Z.B. die junge Frau mit dem Blumenkreis um den Kopf sieht man überall. Sie symbolisiert den Frühling.
Das ist schon was anderes als unsere schnöden, öden, grauen Gehwegplatten zuhause.
Auch die Straßenbäume sind von verschwenderischer Fülle. Mich erstaunt es noch immer, unter Orangenbäumen zu laufen und den Gehweg mit herabgefallenen Orangen übersät zu sehen.
Einige Bäume sind mir aber auch unbekannt. Der Marktplatz ist gesäumt mit aktuell noch unbelaubten Bäumen, an denen seltsame zweiteilige Schoten hängen, die wie Kastagnetten aussehen und auch ein ähnliches Geräusch machen. Der Kastagnettenbaum. 😂
Viele Gebäude der Unterstadt sind großbürgerlich und prächtig. Die Bevölkerung von Estremoz war mal sehr wohlhabend.
Mich locken die wunderbaren blauweißen Azulejos in Fluren und Treppenhaus eines Gebäudes, dessen Nutzung ich nicht kenne. Kaum eingetreten bin ich sicher, das ist eine Behörde. Ja, genau, das Rathaus. Schon lustig, wie man das in jedem Land und jeder Stadt erkennen kann, obwohl die Gebäude ja durchaus unterschiedlich sind. Aber innen ist immer eine ähnliche Atmosphäre. Finley und mir ist das sehr vertraut.
Hinauf zur Altstadt geht es wie immer durch enge steile Gassen den Hügel hoch.
Ein kompletter Gegensatz zur Unterstadt.
Hier sind die Häuschen klein und geduckt. Die Türen extrem niedrig. Ich würde mir überall den Kopf stoßen.
Das Castelo ist vollständig von einer Festungsmauer umgeben.
Im Burginneren befindet sich eine Residenz, die ein portugiesischer König für seine Frau Rainha Isabel hat errichten lassen. In der Residenz sind heute Pousada und Museum untergebracht. Ein großer Turm ist erhalten und eine Kirche.
Der zentrale Burgfried mit Marmorstatue der Königin ist großräumig mit weitem Blick in die ländliche Ebene.
Unser Gassigang stellt offenbar eine Provokation für die örtliche Hundegesellschaft dar. Überall verfolgen uns bellende Hunde, überall schauen Hunde aufgeregt über Mauern, von Balkonen und durch Türschlitze. Die haben ganz schön zu tun, wenn die sich über jeden vorbeispazierenden Hund so aufregen müssen.
Am nächsten Morgen, nachdem wir ruhig und gut auf dem Marktplatz geschlafen haben, spazieren wir noch mal durch die Unterstadt.
Auf der Haupteinkaufsstraße sehe ich ein gutbesuchtes Geschäft für allerlei ländliches Zubehör. Schafsglocken, Tierstricke, Steigbügel, Halfter, Gummistiefel, Reitstiefel, aber auch Tierfallen, Patronengurte und Gewehrtaschen. Sowas finde ich zuhause in der Fußgängerzone eher selten.
Und noch ein weiterer kurioser Anblick mitten in der Stadt. 😂
Mir macht das totale Freude, die Muße für solche Details zu haben.
Ein schönes Marmortreppenhaus weckt meine Neugierde. In der ersten Etage ist offenbar eine interessante Kunstausstellung. Auf meine Frage, ob es ok ist, daß Finley unten im Treppenhaus wartet, wird ein junger Mitarbeiter zur Beaufsichtigung des Hundes abgestellt, damit ich in aller Ruhe die – auch noch kostenlose – Ausstellung besichtigen kann. Ich bin verblüfft. So ein netter Service ist mir noch nie passiert. Herzlichen Dank.
Ein wunderbar restauriertes altes Bürgerhaus. Und eine gute Ausstellung. Eine portugiesische Besucherin macht mich auf ein Bild aufmerksam, das einen bekannten portugiesischen Schriftsteller porträtiert: Fernando Pessoa. Sie legt mir seine Werke dringend ans Herz. Ich hab mir sowieso vorgenommen, etwas portugiesische Literatur zu lesen, wenn ich wieder daheim bin. Meine Lieblingsbuchhändlerin wird einiges zu tun bekommen nach den vielen Anregungen dieser Reise.
Fernando Pessoa ist eine sehr gute Buchempfehlung :-). Vielen Dank für die wunderschönen Aufnahmen und Beschreibungen der zumeist beeindruckenden und schönen Städte bzw. Orte, Landschaften und so weiter…. so vieles gibt es zu entdecken und Du hast immer so wache Augen und Sinne dafür. Sehr schön.
Liebe Grüße
Cathleen