Ein Dorf in Cataluna.
Esponella ist genau, was ich gesucht habe. Ein ruhiger, kleiner Ort im Hinterland von Katalonien.
Banyoles war mir zu groß. Figueres auch. Ich kenne Figueres auch schon von einer früheren Reise. Eigentlich finde ich dort nur das Dali Museum interessant. Das ist wirklich klasse. Aber mit Hund…
Mit Figueres verbinde ich außerdem folgende Geschichte: „Das war so eine schöne Jacke“, pflegt meine liebe Mutter zu sagen, wann immer wir bei einem Stadtbummel an einem Ständer mit Jeansjacken vorbeikommen. Ohje, ich weiß schon den nächsten Satz. „Die hat Dir soooo gut gestanden.“ Und der übernächste: „Die hast Du gar nicht lange getragen.“ Und dann kommt unweigerlich: „Du verlierst ja immer alle Deine Jeansjacken.“ Hihi, Mütter 😁! Ja es stimmt vor 25 Jahren habe ich in der Jugendherberge in Figueres meine Jeansjacke liegen lassen. Wie die wohl gucken würden, wenn ich da noch mal vorbeischaue? „Wissen Sie, wegen der Jeansjacke, die hat mir vor 25 Jahren soooo gut gestanden und die hab ich gar nicht lange getragen… Ist die noch hier?“ 😂😎😂
Esponella liegt oberhalb des Flusses Fluvia. Zwei Dutzend Häuser, schmale ringförmige Gassen, eine Kirche und ein stundenweise besetztes Rathaus.
Es gibt nur ein kleines Lebensmittelgeschäft mit seeeeehr übersichtlichem Sortiment für das Nötigste. Obst und Gemüse werden dafür von den örtlichen Bauern täglich frisch gebracht.
Überall im Dorf gibt es Zeichen der Auseinandersetzung zwischen Katalonien und Spanien. Beinahe kein Haus ohne katalanische Fahne, kein Balkon ohne die Aufschrift „Si“ für die Unabhängigkeit Catalunas.
Auch in Gesprächen wird häufig in
Abgrenzung zu Restspanien gesprochen: „Wir in Cataluna lieben unsere Hunde und sind gut zu ihnen. Hier werden Hunde nicht getötet und ausgesetzt. Hier ist auch das Kupieren verboten. Aber in Espana… Phhht…“ Keine Ahnung, ob das so stimmt, aber ich registriere die Abgrenzung. „Wir sind so, die sind anders“…
Esponella ist so klein, daß man in einer Viertelstunde sämtliche Gassen durchlaufen hat. Es sei denn, man interessiert sich für Details. Dann kann der Gassigang durchs Dörfchen auch schon mal länger dauern.
Für den Bau der Häuser wurde alles verwendet. Bruchstein, Kiesel, Ziegel und noch vieles mehr findet sich in den Fassaden.
Wie gehen jeden Tag einen kleinen Rundgang durchs Dörfchen. Vertrautheit im Großen entsteht und läßt immer mehr Kleines, zunächst Übersehenes, auffallen. Es gibt jeden Tag Neues zu entecken. Mal steht ein Tor auf und gibt den Blick auf einen wunderbaren Garten frei.
Mal steht ein alter Karren auf dem Hof.
Die Rosen blühen schon.
Die Bäume sind voller Zitrusfrüchte.
Auf dem kleinen Dorffriedhof dominieren Plastikblumengestecke.
Es wird der Toten des Krieges 1936-39 gedacht. Ich stutze. Ich bin so daran gewöhnt, auf Kriegsdenkmalen 1914-18 und 1939-45 zu lesen. Aber hier hat sich ein anderer Krieg tief eingeprägt in die Generationen. Der Spanische Bürgerkrieg. Mir wird wieder bewußt, welch unterschiedliche schreckliche Erinnerungen wir Europäer in unseren Ahnenlinien haben.