Endlich angekommen.
Portugal war das Ziel dieser Reise. Aber unterwegs war so viel Schönheit, daß ich 2 Monate bis hierher gebraucht habe.
Ich habe den langen Weg genossen. Die vielen kleinen Abstecher und Umwege. Die langen Strandaufenthalte, Wanderungen, staunenswerten Städte und Erlebnisse. Mein langsames Tempo.
Aber ich spüre wie sich mein Herz öffnet, als ich laut singend in Balthasar den Grenzfluß Rio Guadiana überquere.
Portugal!
Wunderbares kleines Land am Rande Europas.
Eine unendliche Blütenpracht. Die Wiesen voller Mageriten. 17 unterschiedliche Blumen habe ich allein auf einem kleinen Stück Grün am Straßenrand gezählt.
Eigentlich will ich erst ein Stück die Küste langfahren, aber ich halte es nicht aus. Erste Ausfahrt Castro Marim.
Wow! Burg, Festung, Kirche, Supermarkt, Eisdiele. Ich erkenne bereits mit einem Rundumblick vom Parkplatz, daß das ein lohnender Stop wird.
Zunächst stolpere ich über das unebene Pflaster und schlag mir mal wieder das Knie auf. Wie oft mir das auf dieser Reise schon passiert ist. Zum Glück habe ich eine kurze Hose an, so daß nicht schon wieder eine Jeans kaputt ist.
Die Stadtbesichtigung kann starten, wenn auch humpelnd.
Aufgeschürfte Knie bringen mich schon lange nicht mehr aus der Ruhe. Aber sind ein willkommenes Gesprächsthema mit den alten Damen, die im Schatten der großen, strahlend weißen Kirche plaudern.
Schnell kommt das Gespräch von der Knieverletzung über meine Herkunft und den lieben alten Finley auf das Thema Männer. Ob ich wirklich ganz allein als Frau unterwegs sei und kein Mann zuhause auf mich warte, warum ich nicht verheiratet sei… Bis die beiden Frauen sich kichernd gegenseitig in die Seite stupsen und mir von ihren Frauenleben nach dem Tod ihrer Männer erzählen. Sie seien zwar arm, aber fühlten sich frei. Das war so süß. Die beiden kicherten und gibbelten wie die Schulmädchen, als hätten sie ein verbotenes Geheimnis preisgegeben. Ich ahne, welch beschwerlicher Lebensverlauf den Hintergrund bildet für solch eine Reaktion. Ich bin tief dankbar, in einer Zeit und Kultur geboren zu sein, in der sich solche Fragen gar nicht stellen und ein unabhängiges Frauenleben gesellschaftlich und wirtschaftlich keine Besonderheit mehr ist.
Von der Kirche sind es nur wenige Schritte bis zur stattlichen Burgruine.
Hunde sind nicht erlaubt, aber der nette Mitarbeiter läßt Finley bei sich warten. Und es ist ihm so unangenehm, daß der Hund nicht mit darf, daß er von mir kein Eintrittsgeld möchte. Na sowas.
Innerhalb der Burgruine befindet sich eine kleine Kapelle. In der Erwartung eines kühlen, heimelig-spirituellen Innenraums trete ich ein. Hups, die negative Energie versperrt mir wie eine Mauer den Weg und raubt alle Kraft und Fröhlichkeit. Erst danach sehe ich, daß die Kapelle heute als Ausstellungsraum für Folterinstrumente dient. Nichts, woran ich mich ergötzen mag. Schnell zurück nach draußen und zu Finley.
Am gegenüberliegenden Dorfrand erhebt sich über den Hausdächern noch eine kleine Festung. Der Weg dorthin ist gesäumt von Blumen. Ich liebe die Mohnblumen, die hier überall blühen.
Castro Marim ist nicht groß. Wenige Straßen und Gassen, aber sehr sehenswert.
Juchu, ich bin in Portugal!
Von Castro Marim fahre ich einfach ziellos weiter. Alle Gedanken, irgendeine bestimmte Stadt an der Algarve oder irgendeinen speziellen Strand oder Campingplatz zu erreichen, sind aufgegeben. Navi-Katrin wird ausgeschaltet. Ich rolle nur im Hier und Jetzt freudig mit den Tieren in Balthasar durch die Gegend und genieße den Ausblick.
Schon nach wenigen Kilometern spricht mich das Ortsschild Cacela velha an. Ich parke außerhalb am Rand eines Gehöfts und genieße den Spaziergang mit Finley zum Dorf.
Beim Näherkommen erkenne ich, was für ein zauberhaftes Örtchen Cacela velha ist. Wenige Häuser, 2 Restaurants, eine Kirche oberhalb der weiten Sandbänke am Meer.
Am Dorfeingang ist ein großer Parkplatz auf dem bereits einige Wohnmobile stehen. Ich spüre sofort, daß das auch ein guter Platz für uns wäre. Mal sehen, ob jemand da ist, den ich nach seinen Erfahrungen mit dem Freistehen hier fragen kann.
Die erste Person, die mir begegnet ist Joelle, eine ebenfalls alleinreisende Frau, französische Lehrerin mit Labradorhündin. Manchmal gibt es Herzensbegegnungen. Wir spüren es beide. Neben ihr ist noch ein Platz mit Blick auf die Blumenwiese frei.
Ich hol schnell Balthasar und schon ist klar, wir verbringen den Abend gemeinsam. Und auch die nächsten wunderbaren Tage. Ein Glücksfall sind der Ort und die liebe Joelle.