Womostellplatz als Wirtschaftsfaktor, monunentale Erinnerung an den 1. Weltkrieg, liebliche Weinfelder und dunkler Nadelwald.
Die Gemeinde von Esternay hat es geschafft, einen neuen hervorragenden und kostenlosen Womostellplatz mitten im Städtchen anzulegen. Ruhig hinter Kirche und Rathaus auf einem eigens abgetrennten Parkplatzteil. Ver- und Entsorgung direkt um die Ecke. Es gibt keinen echten Grund, nach Esternay zu fahren. Genauso wenig wie nach Neuvy sur Barangeon. Und doch knubbeln sich hier die Womos.
Zunächst sind noch Lücken auf dem Platz, aber nach und nach trudeln die Durchreisenden ein. Abends ist jeder Platz belegt. Der Stellplatz ist sehr gut bewertet in der Park4night App.
Und am nächsten Morgen gehen sie alle einkaufen im Städtchen. Ich auch. Die Kassiererin im Supermarkt strahlt mich an und nickt zufrieden, als ich auf Nachfrage bestätige, daß ich mit dem Wohnmobil da bin. Genau wie die Dame in der Patisserie und im Café. Seit der zentrale, kostenlose Womostellplatz angelegt ist, kommen jeden Tag Touristen zum Einkaufen. Kann ich mir vorstellen, so viele Wohnmobile wie hier in Frankreich unterwegs sind.
Wir bummeln auch gemütlich durchs Städtchen und füllen unsere Vorräte auf. Ist einfach praktisch, weil es nur wenige Schritte von der Einkaufsstraße bis zum Womo sind. Da kommt gar nicht der Wunsch auf, irgendeinen großen Supermarkt auf der grünen Wiese anzufahren.
Und gleichzeitig bekommen wir einen Eindruck von einer typischen französischen Kleinstadt im Landesinneren.
Naja, die Provence ist das hier nicht. Keine mediterrane Leichtigkeit. Hier hat Frankreich eine andere Energie.
Jetzt, wo ich Frankreich schon seit Tagen durchfahre, bekomme ich eine Idee von seiner Größe. Auf dem Hinweg im Januar bin ich ja wegen des kalten Wetters schnell und gezielt in einer 2Tagestour über die Autobahn in den Süden gefahren. Jetzt spüre ich das Landesinnere besser. Lange, lange Fahrstrecken ist da nur plattes, weites Agrarland.
Die Landschaft ähnelt meiner Heimat. Wehmütig spüre ich immer stärker, daß ich das unbestimmte Sehnsuchtsziel „Süden“ hinter mir gelassen habe und auf dem Heimweg bin. Seit Wochen bewege ich mich ja schon wieder Richtung Norden. Aber seit St.-Jean-de-Luz auf dieser Fahrt quer durch Frankreich kann ich dem nicht mehr ausweichen.
Finley beschäftigt sich nicht viel mit solchen Veränderungen, aber Missy spürt sehr genau, daß sich Energie, Klima, Temperament, Vegetation ändern. Ich bin sicher, sie weiß, daß wir uns der Heimat nähern.
Und obwohl wir inzwischen über 1000 km weiter nördlich sind, ist das Wetter viel, viel wärmer als am südlichsten Punkt unserer Reise. In Portugal war das Wetter meist angenehm warm. Hier ist es schwül-heiß. Es ist stickig im Womo. Wir alle würden am liebsten den ganzen Tag nur weit ausgebreitet im Schatten liegen.
Ich suche uns einen guten Siestaplatz.
Die Suche führt mich nach Mondement. Ich war einfach neugierig, warum ich ständig Hinweisschilder dorthin sehe.
Ich bin mehr als überrascht. Ein riesiges Denkmal zur Erinnerung an den 1. Weltkrieg. Munumental. Vielerlei Assoziationen.
Ich spüre mich ein. Viel Starre, Leid und negative Energie. Aber bei diesem weithin sichtbaren Denkmal geht es nicht darum, das Leid der Menschen sichtbar und fühlbar zu machen. Es geht um Darstellung eines Sieges, Schlachtplans, Taktik, die Fähigkeiten, Schläue und „kühne Manöver“ der Befehlshaber. Zwei Halbsätze in den ganzen Erläuterungen und Schautafeln „viele Soldaten starben“ und „was den Tod von Soldaten und Bürgern bewirkt“. Ansonsten Kriegstaktik und Kriegsvokabular.
Es ist ein Denkmal für eine siegreiche Schlacht nicht Erinnerung an das Elend eines Krieges. Auch wenn ich sehe, vor welchem Zeithintergrund das Monument errichtet wurde, es ist nicht meine Energie und nicht meine Erinnerungskultur. Und schon gar nicht der richtige Platz für eine Siesta.
Auch wenn Missy den Platz vor der kleinen Kirche sehr mag.
Es ist auch viel zu heiß ohne Schatten hier auf der Anhöhe. Finley und ich schauen noch das Schloß an und dann suche ich weiter.
Ein Picknickplatz im Wald wäre jetzt ideal, liebes Universum. Schattig, kühl, ruhig. Geht das bitte?
Ah, da steht schon ein Schild. Nächste Straße rechts rein. Supi, danke. Genau richtig.
Rückreisetage sind bei dem Wetter für uns alle 3 anstrengend. Lange Pause ist angesagt. Erst am späten Nachmittag fahren wir weiter.
Weit kommen wir nicht. Die Route National führt durch Montmort-Lucy. Mensch, das Städtchen sieht aber sehr hübsch aus. Gassigang, Finley?
Auch wenn wir nicht recht vorwärts kommen heute, aber die Eindrücke am Wegesrand, will ich mitnehmen. Noch mal das Gefühl spüren, Zeit zu haben für alle Zwischenstops der Welt. Trödeln zu dürfen und nicht zielgerichtet schnell nachhause zu fahren.
Ich liebe es, daß Frankreich so herrlich französisch ist…
Mitten in der Stadt ist ein türmchenreiches Chateau mit schlafenden und wachenden Löwen.
Am Ortsrand bekomme ich schon eine Idee, daß sich die Landschaft mal wieder verändert.
Wir fahren weiter durch die Champagne. Weinberge soweit das Auge blickt. Sanfte grüne hügelige Weite. Total schön.
Finley, Gassigang?
Hier gefällt es mir wirklich sehr.
Ich notiere Champagne auf meinem inneren Merkzettel für zukünftige Wochenendtouren. Die Gegend möchte ich unbedingt noch mal in Ruhe erkunden.
Heute machen wir aber dann doch noch eine größere Strecke bis hinter Reims. Ich will noch in den Ardennen auf der Heimreise Station machen. Da wollte ich immer schon mal hin. Ich dachte eigentlich, direkt hinter Reims wären schon Berge und Wälder. Aber da ist immer noch freies Land. Also weiter. Bis Belgien.
Es wird dunkel und ich bin müde. Mal schauen, ob es einen guten Stellplatz in der Nähe gibt.
Super, hochgelobt in Park4night, kostenlos und direkt am Fluß Semoise bei Bouillon umgeben von hohen Nadelwäldern. Da bleiben wir für diese Nacht.