Französische Geselligkeit
In Alcoutim gibt es mehrere Möglichkeiten zu stehen. Etwas außerhalb am Centre saudade ist ein offizieller Wohnmobilstellplatz mit Strom, Ver- und Entsorgung, Toiletten. Aber der gefällt mir nicht. Zu eng und ungemütlich. Kein Schatten. Nur weiße Riesen.
Ich stell mich lieber auf den Parkplatz an der Brücke. Da geht es fröhlicher, freier, lebendiger und ungeordneter zu.
Direkt vor dem Platz ist eine Wiese mit Schafen. Ständiges leises Glockengebimmel. Außerdem kräht der Hahn und in der Nähe laufen kleine Ferkelchen. Landleben.
In Alcoutim treffe ich Joelle und Galia wieder. Sie hatte mir auch den Ort empfohlen, denn hier gibt es am Hafen öffentliche, warme Duschen. Einer der Gründe, warum die alternative Szene immer wieder mal Alcoutim aufsucht. Und da alternativ und freiheitsliebend nicht unbedingt mittellos bedeutet, auch die Restaurants besucht und in Alcoutim einkauft. So werden Duschen zum Wirtschaftsfaktor.
Die Freisteher hier sind echt nett. Interessante Leute. Jean-Marie, der auch ein Boot im Hafen von Alcoutim hat und bereits seit Jahren die ganze Welt bereist. Philipe ein junger Ingenieur und Musiker in einem Uraltvan, der alles reparieren kann. Ani und ihr Freund, die aus Prinzip Lebensmittel bei den großen Supermärkten containern. Sie bringt mir Bananen. Gerade eben reif. Sehr lecker. „Extra aus Equador hergeflogen, um hier weggeworfen zu werden. Das ist doch Wahnsinn.“ Recht hat sie. Außerdem gesellt sich noch Sofil zu uns, der zu Fuß von Frankreich nach Algerien läuft. Und Bernard, ein Bekannter von Jean-Marie, der in der Nähe von Alcoutim wohnt.
Ahja, dann sind da noch die Spanierin Ines und ein Deutscher in seinem umgebauten DHL-Van,der zweimal in der Woche zum Duschen und zum Portugiesischkurs in der Bibliothek nach Alcoutim kommt. Aber wegen der großen Anzahl Franzosen sprechen wir ausschließlich Französisch.
In Portugal wimmelt es von Franzosen. Ich schätze mal mindestens 60 oder 70 % der Womofahrer hier sind Franzosen. Gerade hier in der campagne, im paysage, im Hinterland.
Abends ziehen wir gemeinsam ins Städtchen.
Sehr gesellig. Man kann gut und günstig essen in Alcoutim.
Am Sonntag entsteht auch Gastronomie vor ganz normalen Wohnhäusern. Dann wird gegrillt: Crevetten mit viel Knoblauch, frischer Fisch und Febras, das sind magere Schnitzel.
Wir sitzen mitten in der Stadt unter Zitronenblüten und beobachten winzige Vögelchen im ihrem Nest, während wir ganz entspannt miteinander essen.
Wer hätte gedacht, daß ich auf dieser Reise ständig Französisch spreche? Dabei hatte ich extra Spanisch gelernt. Jeden Tag spreche ich fließender Französisch und verstehe mehr. Selbst in den Dialekt von Jean-Marie, der aus dem Norden Frankreichs stammt, höre ich mich gut ein. Joelle hilft mir. Sie ist schließlich Französischlehrerin. Mir macht das total Spaß und ich kann bei den Unterhaltungen und Frozzeleien gut mithalten. Immer seltener muß ich nachfragen oder bitten, langsamer zu sprechen. Tja, Reisen bildet, wenn auch in völlig unerwarteter Richtung.
Alcoutim liegt nicht nur am Grenzfluß Guadiana. Es fließt noch ein anderer kleinerer Fluß durchs Städtchen, wo Finley und ich morgens lange Spaziergänge machen.
Dort gibt es einen kleinen von der Stadt betriebenen Flußbadestrand mit einem sehr schönen Café mit großer Außenterrasse.
Hier kann man auch sehr gut essen. Es gibt zwar nur wenige Eintopfgerichte – Hühnchencurry, Bohneneintopf mit Schweinefleisch und eine Art Gulasch mit Pilzen. Aber alles ganz hervorragend.
Ich gehe in den Tagen in Alcoutim mit den Franzosen, denen gutes Essen wirklich wichtig ist, öfter aus als in den ganzen Wochen vorher. Es macht zu mehreren aber auch viel mehr Freude.
Wir sitzen bis in die Nacht bei Wein, Eintopf und Brot, interessanten Gesprächen, viel Gelächter und lautem Froschgequake auf der Terrasse am Fluß.
Und die Cafékätzchen hoffen genau wie unsere Hunde, das was runterfällt vom Tisch.