Mertola

Schon wieder ein Ort, an dem ich nicht vorbeifahren kann.

Die Gedanken an die Heimreise beschäftigen mich sehr. Diese Freiheit wieder herzugeben. Das Gefühl jederzeit den Standort wechseln zu können. Jederzeit meinen Impulsen und meiner Intuition folgen zu können.

Diese Ruhe, Weite und Zeitlosigkeit. Immer im Jetzt. Immer im Kontakt mit der Natur.

Werde ich das mitnehmen können? Oder werde ich das hier in Portugal zurücklassen?

Ich wollte Zeit spüren in meinem Sabatjahr. Nach der großen Zeitlosigkeit spüre ich jetzt das Verrinnen der Zeit.

Ich mache Pläne für die Rückreise. Rechne Fahrtstrecken aus, überlege günstige Routen. Wann muß ich spätestens zuhause sein? Wie lang möchte ich am Tag fahren? Wie gestalte ich die Rückreise? Das ist ein schmerzhafter Prozeß. Aber auch ein erkenntnisreicher Abschnitt der Reise und meines Sabatjahres. Ein wichtiger Teil des Ganzen.

Klar ist, ich bleibe noch einige Wochen in Portugal, aber bewege mich gleichzeitig Richtung Heimat.

Herzlicher Abschied von Joelle. Sie bleibt noch in Alcoutim. Ich habe das Gefühl, wir werden uns wiederbegegnen.

Ein großer Sprung in den Norden ist beabsichtigt. Aber, manno, dieses Portugal macht es mir echt schwer!

Tolle Landschaft.

Blütenmeer. Da kann ich nicht einfach weiterfahren.  Das gilt es wahrzunehmen mit allen Sinnen. Jetzt. Jetzt. Jetzt. Das Leben ist jetzt. Komm, Finley.

Es wird mittags sehr heiß. Ist es wirklich richtig, bei der Hitze weiterzufahren? Nein. Das tue ich mir und den Tieren nicht an. Ich suche uns einen guten Platz für eine Siesta.

Liebes Universum, Wasser und Schatten, vielleicht eine Flußbadestelle wäre gut.

Ja, genau so! Der Platz wäre perfekt, dachte ich als ich über die Brücke fuhr. Supi, direkt hinter der Brücke führt eine holprige unbefestigte Straße runter. Wieder mal bin ich froh, daß Balthasar so klein und unkompliziert ist.

Nach wunderbar erfrischender Siesta fahren wir am späten Nachmittag weiter.

Aber, manno, schon wieder durchkreuzt dieses traumhafte Portugal alle meine Pläne.

Mertola sieht unglaublich aus von weitem. Schneeweiße Häuser lugen über die Stadtmauer, die sich den Felsen oberhalb des Rio Guadiania hinaufzieht.

Im Inneren der Stadtmauer wartet eine der besterhaltenen maurischen Altstädte.

Auch die Landschaft am Flußtal ist großartig.

Ich möchte mir das genau ansehen. Nicht nur mit einem Seitenblick aus dem Fenster beim Überfahren der Brücke.

Jetzt. Jetzt.  Jetzt ist das Leben.

Ich könnte ja mal eine Runde mit Finley Gassi gehen. Und dann am Abend weiterfahren. Dann ist es auch kühler. Das ist doch sehr vernünftig.

Es wäre wirklich schade gewesen, nicht durch diese geschichtsträchtige, mittelalterliche Stadt zu schlendern.

Immer an der Stadtmauer entlang.

Hoch zum Castelo und zur Kirche Igreja Matriz, der man noch sehr genau ansehen kann, daß sie ursprünglich eine Moschee war, die nach Vertreibung der Mauren ohne allzuviel bauliche Veränderung in eine christliche Kirche umgewandelt wurde. Die islamische Gebetsnische Mihrab im Inneren ist erhalten. Ich mag Kirchen, die Elemente verschiedener Glaubensrichtungen in sich tragen.

Durch die kleinen, blumengesäumten Gassen laufen wir wieder zurück zum Parkplatz zu Balthasar und Missy.

Mertola ist wirklich bezaubernd.

Von oben sehe ich einen kleinen befestigten Platz am Fluß. Da stehen einige Wohnmobile. Ein schöner Platz am Rand wäre noch frei… Der wartet doch auf uns…

„Liberdade“ steht auf der Stadtmauer.

Freiheit.

Ich liebe es, alle Pläne über Bord werfen und spontan sein zu können. Das ist die Freiheit des Womolebens. Das ist unbezahlbar.

Wir haben einen wunderbaren Abend am Fluß. Missy stromert. Finley stromert. Ich genieße den Blick auf die angestrahlte Altstadt über uns und trinke ein Bier mit Ronny aus Schottland und Maarten und Henny aus Holland. Ein toller Übernachtungsplatz.

Und morgens öffne ich die Hintertür und schaue vom Bett aus auf den Fluß.

Jetzt. Jetzt. Jetzt. Das Leben ist immer genau jetzt und hier.

37 km nördlich von Alcoutim.

 

 

 

 

 

 

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