Siesta im Landstädtchen.
Weiter geht’s Richtung Süden. Immer auf der alten Küstenstraße entlang. Manchmal mitten durch die Tourismushochburgen. Calp, Altea. Alles viel zu groß und hoch und wuselig für uns. Der Einblick vom Fahren reicht mir. Selbst außerhalb der Saison. Und dann fuhren wir an
Benidorm vorbei. Ich wußte ja, daß das eine einzige Hochhausskyline ist. Ein Manifest des Massentourismus. Aber das dann tatsächlich zu sehen… Grausig. Wer macht denn freiwillig in einem Hochhaus Urlaub? Wer will durch diese Hochhausschluchten zum Strand gehen? Ich jedenfalls nicht.
Wir machen stattdessen eine wunderbare langgedehnte Siesta in einem unscheinbaren Landstädtchen am Wegesrand. San Isidro.
Hübsch ist es hier nicht. Aber sehr
urtümlich. Genau solche unspektakulären Landstädte schulen das Auge und das Gespür. Ich fühle den Süden. Heute brennt die Sonne am Nachmittag. Es ist trocken und staubig. Die Fensterläden sind zu, Rollos heruntergelassen, Sonnenschutz und Insektenvorhänge vor den Türen. Klimaanlagen surren. Die Kneipe ist voller essender und trinkender Arbeiter. Die Geschäfte sind zu.
Wir suchen den Schatten und Wind unter den Palmen im kleinen Park entlang der Hauptstraße.
Balthasar steht natürlich auch im Schatten. War gar nicht so leicht, ein ruhiges schattiges Plätzchen für die Siesta zu finden. Aber es ist so warm, daß ich Missy nicht im geschlossenen Womo lassen würde, wenn es in der Sonne steht. Fenster einen Spalt offen, so daß Luft hinein, aber die Katze nicht unkontrolliert hinaus kann und alle Dachfenster sind auf. Ich vertrau mal der Landbevölkerung während Finley und ich Gassi gehen.
Ist jetzt nicht gerade so als hätte ich einen munteren enthusiastischen Hund an der Seite bei dem Wetter. Finley bewegt sich quälend langsam mit heraushängender Zunge als sei er ein 15 Jahre alter Rüde an einem heißen Tag in Spanien. Die Dorfhunde sind da von anderem Temperament und kläffen und rennen und springen an den Zäunen hoch auf beinahe jedem Grundstück. Finley trottet unbeeindruckt weiter. Er erledigt, was ein Hund tun muß, und dreht sich dann demonstrativ um. Es ist klar, was er sagen will: Zurück zu Balthasar. Wasser, Schatten, ausruhen. Und vielleicht ein kleiner Snack? Ja, ja, ich hab’s verstanden.
Und während der Hund nach seinem laaangen kräftezehrenden Gassigang ruht, geht die Katze auf Erkundungstour.
Ich geh mal besser mit. Hier auf dem Parkplatz an der Straße mag ich sie nicht alleine lassen.
Am Rand des Parkplatzes ist ein schmaler Grünstreifen mit Palmen und Büschen und Blumen. Prächtig, was da alles wächst.
Welcher Farbenreichtum in dieser trockenen Wärme.
Auf der Fahrt hierher ist mir aufgefallen, daß kein Fluß, den wir querten, Wasser führte. Sind das dann noch Flüsse, wenn kein Tropfen Wasser in den ausgetrockneten steinigen Flußbetten ist? Aktuell erinnern nur die Hinweisschilder „Rio …“ daran.
Es schult den Blick und das Gespür für Details auch, wenn man geduldig seine streunende Katze begleitet. Missy lenkt meinen Blick auf einen Baum, dessen Knospen sich gerade öffnen. Sie schnuppert unten rum. Ich staune oben. Jedes mal ein kleines Wunder.
Nach langer und ausgiebiger Siesta in San Isidro fahren wir über die A 7 weiter. Aber nicht mehr weit. Ich hab gern vorm Dunkelwerden einen Stellplatz.
Der Name Mazzarron spricht mich an. Aber müde von der Fahrt und der Sonne merke ich das erst, als ich an der Ausfahrt bereits vorbei bin. Eigentlich wollte ich ja noch bis zum Cabo de Gato, einem Naturschutzgebiet. Aber wenn jetzt noch mal eine Ausfahrt Mazzarron kommt, fahre ich ab.
Da! Erneut ein Schild Mazzarron. Alles klar. Dann geht es heute also dorthin. Mal schauen, was mich dort erwartet.
Schon unterwegs bin ich beeindruckt von der Landschaft. Fantastische Sandsteinformationen in allen Farben.
Auch der Strand in Puerto de Mazzarron ist prima.
In Bolnuevo auf einem Parkplatz stehen bereits ca. 30 Wohnmobile direkt hinter dem Wohnmobile-verboten-Schild. Prima, da stelle ich mich mal dazu. Missy gefällt der Platz auch. Sie ist froh, nach der heißen Autofahrt am kühleren Abend draußen rumzustromern.
Als die Katze endlich wieder reinkommt, können Finley und ich noch mal los zum Strand.
Ich muß halt immer schauen, daß unser Tagesablauf für beide Tiere paßt und beide ihre Zeit bekommen und ihren Bedürfnissen nachgehen können. Und ich? Ich gehe in der Nacht noch mal zum Strand. Ich liebe es, nachts dem Meer zuzuhören.